Reiseinspiration | Unterwegs in der Provence
„Genießer oder ambitionierter Hobbyfahrer?“
So lautet die erste Frage von Etienne, einem der routinierten Fahrradexperten im BMC Cycling Center, dem hoteleigenen Fahrradverleih des „Coquillade Village“. Während mein Blick über provenzalische Weinreben streift, die gerade im hellen Sonnenlicht leuchten, fällt mir die Antwort leicht – und so kommt es, dass mir Etienne ein E-Bike vor die Füße stellt: „Das ist unser Elektro-Genießer!“
Schon auf den ersten Höhenmetern beglückwünsche ich mich zu meiner Entscheidung: An der Seite des Bike-Guides Gaëton kann ich mich entspannt auf die Landschaft des Lubéron einlassen, der berühmten Gebirgskette im Herzen der Provence. Schon bald führt uns der Weg entlang endloser, duftender Lavendelfelder, hin zu einem ganz besonderen Ort.
Denn nur sechs Kilometer vom „Coquillade Village“ entfernt befindet sich Roussillon, eines der schönsten Dörfer Frankreichs, umgeben von beeindruckenden Kalksteinformationen. In den verwinkelten Gassen verstecken sich pittoreske Häuser und verwunschene Gärten … und wollen vom bummelnden Besucher entdeckt werden. Aber auch die benachbarten Dörfer wie beispielsweise Goult, Gordes oder Lacoste laden mit ihren typischen Platanenalleen und dem obligatorischen Dorfplatz zum Verweilen ein. Zwischen Markt, Kirche und Boule-Bahn – mit einem Café au lait in der Hand – fühlt man sich hier sofort heimisch.
Frisches Gemüse auf dem Markt – besser schmeckt’s nicht. Das weiß natürlich auch Thierry Enderlin, der Sternekoch des Le Gourmet im Coquillade Village: Bei ihm komme ich später in den Genuss selbst gezogener Tomaten … ein ganz besonderer Genuss.
Weingenuss in allen Farben
Nachhaltig betriebene Weinwirtschaft, sonnenverwöhnte Trauben: Aurélie Julien, die Kellermeisterin des Weinguts Aureto, bringt mir die Besonderheiten der regionalen Tropfen näher. Santé!
Und: „Der ton- und kalksteinhaltige Boden tut ein Übriges“, erklärt Julien, die mit umfangreichem Fachwissen rund um den regionalen Weinanbau beeindruckt. Schließlich ist sie hier aufgewachsen – und eine große Verfechterin von nachhaltiger Bewirtschaftung. Nach einer ausführlichen Degustation der verschiedenen Cuvées stimme ich ihr in weiß, rosé und roten Farben zu.
Markt schöner Erinnerungen
Am nächsten Morgen begrüßt mich Etienne im BMC Cycling Center schmunzelnd mit den Worten: „Ah, der Genießer.“ Ob ich Lust hätte, eines der Rennräder auszuprobieren, die der Rennstall des BMC auch bei der Tour de France einsetzt? Damit könne ich sogar den nicht weit entfernten Mont Ventoux erklimmen. Angesichts meiner Tagesplanung winke ich dankend ab: Der Besuch des Wochenmarktes in Apt – einem der schönsten in dieser Region – steht an. Die zahlreichen Marktstände sind eingebettet in eine charmant-morbide und für die Region typische Architektur. Ich decke mich für ein geplantes Picknick auf dem Rückweg mit lokalen Delikatessen ein: Wurst, Käse, Tomaten und natürlich Baguette. Auch an einem der zahlreichen Flohmarktstände werde ich fündig und ergänze meine Vinyl-Sammlung französischer Chansons. Zusätzlich erstehe ich in einem der vielen Antiquitätengeschäfte eine Reihe antiker Blechdosen für meine Küche – wunderschöne Erinnerungsstücke, die mich durch den anstehenden Winter begleiten werden.
Von Königen und Freunden
Abends im Coquillade Village treffe ich mich vor dem Essen zum Plaudern mit dem Sternekoch des Restaurants Le Gourmet: Thierry Enderlins Begeisterung für die Vielfalt der kulinarischen Möglichkeiten ist ansteckend. Allein wie er euphorisch von seinem hauseigenen Kräuter- und Gemüsegarten erzählt und die selbst gezogenen Tomaten anpreist, macht neugierig auf sein Können. Enderlin verspricht mir, die alten Klassiker der Region in neuem Licht erstrahlen und dabei meine Geschmacksnerven tanzen zu lassen. Und ich werde nicht enttäuscht. Als Highlight kredenzt er mir – außerhalb der Reihe – seine Tomaten, aufgeschnitten und nur mit hauseigenem Olivenöl verfeinert. Fast bin ich geneigt zu sagen, mehr brauche ich eigentlich nicht mehr. Doch dann würde ich ja seine weiteren Kreationen verpassen … Mit dieser Geste zeigt er mir, dass der Gast bei ihm nicht nur König ist, sondern ein Freund, der mehr bekommt, als er eigentlich erwartet.
Bon appétit!
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