Aero-Electrics


Feb/2021

Beim Audi e-tron stand eines besonders im Fokus: die Aerodynamik. Wieso diese bei einem Elektroauto viel wichtiger für die Reichweite ist als das Gewicht, erklärt Aerodynamik-Entwicklungsleiter Moni Islam.

Um einen cw-Wert von 0,28 zu erreichen, brachten die Audi Ingenieure verschiedenste Aerodynamik-Maßnahmen in allen Karosseriebereichen zum Einsatz.

Wie groß war die Herausforderung für Sie und Ihr Team, die Aerodynamik des ersten Audi Elektrofahrzeugs zu entwickeln?

Moni Islam: Die Herausforderung war natürlich riesig. Immerhin haben wir mit dem Audi e-tron das erste vollelektrische Serienmodell unserer Marke. Deswegen haben wir uns selbst ins Lastenheft geschrieben, dass es in dieser Fahrzeugklasse das aerodynamisch beste Audi Modell aller Zeiten werden sollte. Dafür mussten wir als Team unser gesamtes Wissen und Können in dieses Projekt einbringen.

Moni Islam

Moni Islam steuert die Aerodynamik-Entwicklung bei Audi. Zusammen mit seinem Team hat er den Luftwiderstand des ersten vollelektrischen Serienmodells der Marke bestmöglich reduziert.

Was ist in der Entwicklung der Aerodynamik eines Elektroautos anders im Vergleich zu einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor?

Moni Islam: Unser Job wird anspruchsvoller. Denn eine gute Aerodynamik mit einem niedrigen Luftwiderstand wird bei Elektroautos noch wichtiger. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass man merklich weniger Gesamtenergie zur Verfügung hat als bei einem Verbrenner. Daher muss man in jedem Bereich die Effizienz optimieren. Vor allem gilt das für den Luftwiderstand bei Konstantfahrten mit gleichbleibender Geschwindigkeit, zum Beispiel auf Autobahnen. Wir bieten unseren Kunden ja einen langstreckentauglichen Elektro-SUV mit guter Reichweite.

Haben die Aerodynamiker bei den Elektroautos nun mehr Einfluss auf die Entwicklung?

Moni Islam: Ja, das Gefühl habe ich absolut. Das liegt daran, dass die Aerodynamik bei Elektroautos eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Reichweite spielt, während das Gewicht für den Energieverbrauch eine weitaus geringere Bedeutung als bei einem Modell mit Verbrennungsmotor hat. Schließlich kann die Energie, die zur Überwindung des Luftwiderstands verbraucht wird, nicht wieder zurückgewonnen werden – anders als bei der Beschleunigung des Fahrzeugs. In der Stadt fährt auch ein schweres Elektroauto effizient, weil es einen Großteil der Energie, die es zum Beschleunigen einsetzt, vor der nächsten roten Ampel wieder rekuperieren kann. Auf der Langstrecke – das Revier des Audi e-tron – treten bei Autos bereits ab etwa 70 km/h der Rollwiderstand und die Massenträgheit hinter den Luftwiderstand zurück. Die zu dessen Überwindung notwendige Energie geht verloren. Deswegen sind ausgeklügelte Aerodynamik-Maßnahmen beim Audi e-tron so wichtig für hohe Effizienz und damit eine langstreckentaugliche Reichweite.

Bieten Fahrzeugbereiche eines Elektroautos mehr Entwicklungsfreiheiten gegenüber einem konventionellen Fahrzeug?

Moni Islam:
Elektrofahrzeuge haben dank ihrer großen Batterie einen geschlossenen und sehr glatten Unterboden. Das ist der Traum eines jeden Aerodynamikers und ein großer Vorteil für uns in der Entwicklung. Darauf könnte man sich ausruhen, was wir jedoch nicht getan haben. Im Gegenteil: Wir haben alles gegeben, um auch die Form der Karosserie möglichst windschnittig zu gestalten. Sie besitzt im Übrigen ein Novum: Als erstes Audi Serienmodell führt der Audi e-tron die Luft geschlossen durch den gesamten Vorderwagen und lässt sie am Unterboden wieder austreten. Das gibt es bei einem Verbrenner so bisher nicht.

Was ist für Sie persönlich das wichtigste Bauteil in der Aerodynamik des Audi e-tron-Prototyp?

Moni Islam:
Für mich ist das ganz klar der virtuelle Außenspiegel. Und zwar nicht nur, da er in der Aerodynamik einen spürbaren Verbesserungsbeitrag liefert, sondern auch weil er symbolischen Charakter hat. Er steht für den Aufbruch in eine neue Generation der Fahrzeugentwicklung – mit völlig anderen Ansätzen.

Hand aufs Herz: Wer hatte die Idee zum virtuellen Außenspiegel – Ihr Team oder doch die Kollegen aus dem Design?

Moni Islam: Es ist ein Wunsch eines jeden Aerodynamikers, dass man irgendwann auf Außenspiegel verzichten kann. Beim Audi e-tron Prototyp war der virtuelle Außenspiegel relativ früh gesetzt. Wer letztendlich die finale Idee hatte, kann ich nicht mehr sagen. Das ist aber auch nicht wichtig. Wichtig ist: Dieses Ausstattungsdetail bringt 5 cw-Punkte, das verlängert die Reichweite eines Elektroautos um etwa zweieinhalb Kilometer.
Beim Audi e-tron Prototyp kommen erstmals virtuelle Außenspiegel zum Einsatz.
Sie reduzieren den Luftwiderstand um weitere 5 cw-Punkte und sind ein aerodynamisches sowie optisches Highlight zugleich.

Der Audi e-tron erreicht durch ausgeklügelte Aerodynamik-Maßnahmen einen Top-cw-Wert. Welchen Vorteil hat der Kunde davon?

Moni Islam:
Bei Elektroautos spielt der cw-Wert eine wichtige Rolle bei der Festlegung der Reichweite. Das ist ein entscheidender Wert für unsere Kunden. Der Audi e-tron ist knapp 70 cw-Punkte besser als ein konventioneller SUV in vergleichbarer Größe – das ist ein Zugewinn von rund 35 Kilometer Reichweite.

Wann haben Sie und Ihr Team mit der Entwicklung der Aerodynamik des Audi e-tron begonnen?

Moni Islam:
Zu einem sehr frühen Zeitpunkt – schon im Jahr 2013. Wir haben bei der ersten Konzeption am Tisch gesessen, zusammen mit den Designern die frühen Entwürfe analysiert und die ersten Modelle im Windkanal getestet.

Bildmaterial zur Verfügung gestellt von: Audi AG

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